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Romelia Lichtenstein wurde in Sofia geboren, wuchs in Rostock auf und sang im Alter von neun Jahren den Ersten Knaben in Mozarts „Die Zauberflöte”. Nach einer Ausbildung als Kinderkrankenschwester studierte sie Gesang an der Musikhochschule Leipzig. Schon in ihrem ersten Engagement an der Oper Chemnitz zeigte sich das ungewöhnlich breite Spektrum ihres Soprans – hier sang sie Rosina in Rossinis „Der Barbier von Sevilla”, Sandrina in Mozarts „Gärtnerin aus Liebe” und die drei Frauenpartien in Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen”. Beim Wettbewerb Junger Opernsänger in Gera gewann sie den 1. Preis und beim Internationalen Wettbewerb Francisco Viñas in Barcelona den Mozart-Preis.

Mozarts Frauenpartien prägten auch ihre Jahre an der Oper Leipzig. Unter Leitung von Michail Jurowski, Lothar Zagrosek und Stefan Soltesz sang sie die Zerlina und die Fiordiligi, Pamina und die Königin der Nacht, aber auch die Mimi in Peter Konwitschnys Inszenierung von „La Bohéme”. Ihr komödiantisches Talent und die Arbeit mit Regisseuren wie István Szabó, John Dew und Anthony Pilavachi ließen sie zu einer Sängerin von hoher darstellerischer Intensität und Ausstrahlung reifen.

An der Oper Halle startete sie 1998 mit einem außergewöhnlichen Debüt als Madama Butterfly, für das die Zeitschrift OPERNWELT sie als beste Opernsängerin des Jahres nominierte. Es folgten zahlreiche Partien, durch die Romelia Lichtenstein zu einer das Hallenser Musiktheater stark prägenden Sänger-Persönlichkeit wurde. Gastspiele führten sie an die Semperoper Dresden, an die Opernhäuser von Graz, Wiesbaden, Weimar und Metz.

2006/2008 gab Romelia Lichtenstein als Mentorin ihre Erfahrungen an Stipendiaten der Jürgen-Ponto-Stiftung weiter und ist seitdem auch anderweitig beratend tätig. 2012 wurde die Sopranistin in Würdigung ihrer herausragenden künstlerischen Verdienste zur Kammersängerin ernannt.

Von ganz besonderer Bedeutung für ihre stimmliche Entwicklung war die Begegnung mit der Musik Georg Friedrich Händels. Allein bei den Händel-Festspielen in Halle gestaltete sie Haupt- und Titelpartien in mehr als zehn seiner Opern. Der Romilda in „Serse”, Florinda in „Rodrigo”, Gismonda in „Ottone”, der Zauberin Alcina wie der Metella in „Lucia Cernelio Silla” gab Romelia Lichtenstein durch stimmliche Präsenz und Rafinesse unverwechselbare Kontur. An der Komischen Oper Berlin sang sie Merab im „Saul”, bei den Händelfestspielen Karlsruhe Miriam in der Operncollage „Die Plagen”. Ihre Elisa in „Tolomeo” kann man auf einer CD-Gesamtaufnahme, ihre Alceste in „Admeto” auf DVD erleben. Immer wieder arbeitet sie mit Barockspezialisten wie Marcus Creed, Howard Arman, Michael Schneider und Hermann Max zusammen.

Als grandiose Interpretin und Händel-Protagonistin wurde Romelia Lichtenstein 2016 der Händel-Preis verliehen.

Der Sängerin gelang der selten glückliche Schritt einer Facherweiterung hin zum Italienisch-Dramatischen. „Sie schafft mit großer Intensität in ihren Arien den Wechsel vom Lyrischen ins Dramatische, moduliert die Stimme auch in den nahezu makellosen Koloraturen in einem perfekten Messa di voce” (ORPHEUS international 05/06 2011). Mit Violetta in „La Traviata” feierte sie Erfolge an den Opernhäusern Göteborg und Bremen sowie in Stockholm vor dem Schwedischen Königshaus. Ab 2006 konnte sie in einer Reihe sehr anspruchsvoller Partien von Bellini, Verdi und Donizetti überzeugen, darunter Abigaile in „Nabucco” und Leonora in „Der Troubadour”. Verdi wurde neben Händel der zweite Fixpunkt in der Arbeit von Romelia Lichtenstein.

An der Oper Halle sang Romelia Lichtenstein 2015 Leonora in Verdis „Die Macht des Schicksals”, 2016 als Rollendebüts Despina in Mozarts „Cosi fan tutte” und die Titelpartie in „Adriana Lecouvreur” von Francesco Cilea. Sie brillierte als Puccinis „Tosca” sowie in einer Inszenierung von Verdis „Messa da Requiem”, als Sélica in Meyerbeers „L'Africaine” sowie in der Titelpartie in Offenbachs „Großherzogin von Gerolstein”. In der Saison 2019/2020 übernahm sie die Partien der Amelia in Verdis „Un ballo in maschera” und der Donna Elvira in Mozarts „Don Giovanni”. Die Reihe ihrer Händel-Interpretationen setzte sie 2018/2019 fort mit der Titelpartie in „Berenice, Regina di Egitto”, 2020 mit Medea in „Teseo” und 2021 mit Partien in der Inszenierung des Händel-Oratoriums „Brockes-Passion”. In dem lyrische Drama „Manru” von Ignacy Jan Paderewski gestaltete Romelia Lichtenstein 2022 an der Oper Halle mit Ulana eine der Hauptpartien. Die Aufführung wurde live im Radio übertragen, eine CD-Produktion ist geplant. Mit der Marschallin in Richard Strauss‘ „Der Rosenkavalier” führt sie 2023 ihre erfolgreiche Karriere fort.

Zunehmend ist sie auch als Konzert-Sängerin gefragt. In der Berliner Philharmonie, dem Musikverein Wien, der Liederhalle Stuttgart, in Madrid und Warschau sang sie in Mozarts „Requiem”, Haydns „Die Schöpfung”, Brittens „War-Requiem” und Schostakowitschs XIV. Sinfonie. Enoch zu Guttenberg engagierte sie für Beethovens „Missa Solemnis” beim Musikfestival Santander und für Verdis „Requiem” beim Rheingau Musik Festival. Die CD-Aufnahme von „Giob” von Carl Ditters von Dittersdorfs wurde 2002 mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Im Clara-Schumann-Jahr 2019 bestritt Romelia Lichtenstein den Gesangspart bei Aufführungen eines historischen Konzertes von 1869 in Zwickau, Leipzig, Magdeburg. Der Abend „Sehnsuchtsorte” 2021 mit Werken von Franz Schubert, Robert und Clara Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy bestätigte ihr immenses Talent als Liedinterpretin.

→ Der Sopran im Ballett, 2023
→ Porträt in ORPHEUS international, 2011
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